Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland kritisiert Vorgehen von ver.di

In immer mehr Regionen Deutschlands geht die vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gegen Verkaufsoffene Sonntage vor. Oft müssen bereits geplante und genehmigte Sonntagsöffnungen abgesagt werden, was insbesondere bei kurzfristigen gerichtlichen Interventionen zu erheblichem Schaden führt. Die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd e.V.) kritisiert das Vorgehen von ver.di, da es den stationären Handel, der wohl den meisten Mitgliedern von ver.di Arbeitsplätze bietet, zusätzlich schwächt. „In Zeiten der Möglichkeit zum 24-Stunden-Einkauf an sieben Tagen der Woche ist das gerichtliche Vorgehen gegen die sehr beliebten Sonntagsöffnungen für uns völlig unverständlich und kontraproduktiv für die Entwicklung der Innenstädte“ kritisiert Jürgen Block, Geschäftsführer der bcsd.

Dass nach den von ver.di erfochtenen gerichtlichen Entscheidungen Regelungsbedarf besteht, sieht auch die bcsd. Im Interesse der Kunden, des Handels und der Arbeitsplätze in den Innenstädten wäre eine kulantere Handhabung für bereits geplante Veranstaltungen allerdings sachdienlicher gewesen, als der jeweilige Einzelnachweis im Grunde Recht zu haben. „Für 2017 haben ohnehin wohl alle Kommunen auf die Rechtsprechung reagiert und die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage angepasst – oft zum Nachteil von Stadtteilzentren, deren eigenständige Veranstaltungen nun oft ersatzlos entfallen, da parallele Termine zu den Innenstädten nicht die gewünschte Aufmerksamkeit bei den Kunden erfahren“, so Block weiter. Die bcsd setzt sich für eine bundesweite und eindeutige Regelung zu Verkaufsoffenen Sonntagen ein. Die bcsd fordert einen raschen Dialog von Kammern, Verbänden, Kommunalvertretungen, Gewerkschaften und öffentlicher Hand.

Der Klassiker ist immer noch begehrt. Der „Verkaufsoffene Sonntag“ gehört zu den ältesten und nach wie vor zu den wichtigsten Angeboten zur Belebung des Handels in den Innenstädten. Er wird von Wissenschaftlern als Teil der Freizeitökonomie gesehen und von den Konsumenten hauptsächlich als Freizeitgestaltung genutzt und wahrgenommen. Der Verkaufsoffene Sonntag verspricht ein ganzheitliches Erleben von Einkauf, Bummel und sozialer Begegnung. Erlebnisse, die das Internet in dieser Form nicht bieten kann. Insofern dienen Verkaufsoffene Sonntage und ähnliche innerstädtische Angebote dem Erhalt einer Handelskultur, die auf persönliche Beratung und menschlichen Austausch setzt. Sie fördern damit auch den Erhalt der im stationären Handel angesiedelten sozialversicherungs-pflichtigen Arbeits- und Ausbildungsplätze. „Es geht darum, den Handel auch weiterhin als verlässliche Kraft der Innenstädte zu stabilisieren und originelle und authentische Beiträge zu Stadtidentität und Stadtimage zu leisten. Dazu gehört auch, dass der Verkaufsoffene Sonntag ein besonderes und knappes Gut bleiben soll“, benennt Block die wichtigsten Ziele des Verkaufsoffenen Sonntags, wie sie die bcsd auch in ihrem entsprechenden Positionspapier beschreibt.

„Es verwundert schon sehr, dass ausgerechnet ver.di vielerorts gegen Verkaufsoffene Sonntage vorgeht. Ver.di nutzt dabei sowohl die Schwächen der jeweiligen Landesgesetze, als auch das mitunter eingeschränkte Erfahrungswissen von Verwaltungen. Doch um welchen Preis und mit welchem Ziel?“ hinterfragt Block das Vorgehen.

Ver.di betont, die VerkäuferInnen vor der Zusatzbelastung schützen zu wollen. Die übereinstimmende Erfahrung aus den Stadt- und Citymarketingorganisationen zeigt indes ein anderes Bild: VerkäuferInnen melden sich i.d.R. freiwillig für die Arbeitszeit am Sonntag, um sowohl hohe Sonntagszulagen beim Lohn in Empfang zu nehmen, als auch flexible Ausgleichzeiten während der Woche nutzen zu können. Die Gewerkschaften agieren also sehenden Auges auf dem Rücken von Städten, Kunden, Kaufleuten und deren Angestellten und sie spielen mittelbar den Internetanbietern und dem gesichtslosen Online-Handel in die Karten.

Die Tatsache, dass sich die meisten alteingesessenen Geschäfte, aber auch die Betreiber von Filialen in den Innenstädten, am Verkaufsoffenen Sonntag unterstützend beteiligen, wird als wichtiges Signal der Kooperationswilligkeit und des Einverständnisses aller Akteure vor Ort gedeutet.

Problematisch ist hingegen, dass es keine bundesweit einheitliche Regelung zum Verkaufsoffenen Sonntag gibt; sowohl die Anzahl zulässiger Verkaufsoffener Sonntage im Jahr, als auch die Dauer, die örtliche Ausdehnung und saisonale Auflagen oder Anlassbindungen an Veranstaltungsangebote behindern die Handhabung der Verkaufsoffenen Sonntage widersinnig. Teilweise haben die Bundesländer, teilweise sogar einzelne Städte, Sonderregelungen. Dies führe nicht nur zu Verwirrung beim Konsumenten, sondern auch zu Ungleichheiten innerhalb Deutschlands, zwischen den Städten und Händlern.

Die bcsd erwartet und wünscht keine generelle Liberalisierung der Sonntagsregelung, sondern hält eine bundesweit einheitliche Obergrenze pro Jahr für sinnvoll. Zur Zulässigkeit in der Adventszeit oder zwischen den Feiertagen sollte eine einheitliche Regelung deutschlandweit gelten, da sich Versorgungsbereiche von Städten nicht an Ländergrenzen orientierten. Des Weiteren sollten kontraproduktive Anlassbindungen zur Genehmigung von Verkaufsoffenen Sonntagen unbedingt aufgehoben werden.

Differenzierte Öffnungen für einzelne Ortsteile oder Geschäftsstraßen – auch und gerade für Orte in Grenznähe – sollten hingegen möglich sein, da sie auch hier die Identitäts- und Imagebildung unterstützen.

Die bcsd appelliert in diesem Zusammenhang an ihre Mitgliedsorganisationen sowie die Vertreter der Landes- und Kommunalpolitik, sich in den entsprechenden Gremien für einen Beibehalt und den qualitativen Ausbau der Verkaufsoffenen Sonntage einzusetzen sowie sich für eine bundesweit einheitliche Regelung stark zu machen. Des Weiteren appelliert die bcsd an ver.di, sich dem Ziel der Erhaltung der gewachsenen Innenstädte anzuschließen und nicht wegen offensichtlichen Profilierungsgelüsten die Innenstadt und die dortige Handelsentwicklung leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

Diese Stellungnahme wurde auch an die Kommunalen Spitzenverbände, die Einzelhandelsverbände und die Industrie- und Handelskammern in Deutschland sowie weitere Kooperationspartner versandt, mit denen die bcsd zu diesem Thema den Schulterschluss sucht. Das Positionspapier zum selben Thema finden Interessierte hier. Die Ergebnisse der Umfrage aus 2013 sind hier hinterlegt.

Quelle: Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (bcsd), 06. Oktober 2016.

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